ERIKA
ROTH, 1967

AUSBILDUNG
INSPIRATION
Erika Roth wurde 1967 in Thal/St. Gallen geboren, lebt und arbeitet in Losone. Sie ist freischaffende Kunstmalerin und hat in Mailand an der Scuola Politecnica di Desgin von Nino di Salvatore Industrie- und Interiordesign studiert.
Während längeren Studienaufenthalten in den USA, Frankreich und Italien hat Erika Roth die Herausforderung angenommen, im Alltagsleben die feinen Unterschiede und Parallelen der einzelnen Kulturen zu erleben und die Zusammenhänge der Gesellschaft zu erkennen. Mit einer Mischung aus Sensibilität und Ironie gelingt es ihr immer wieder von Neuem, mit ihren Ölbildern ein tiefgründiges Abbild unserer Gesellschaft zu präsentieren.
Am Anfang war die Gesellschaft als Gesamtphänomen zentrales Thema ihrer Bilder woraus sich ein starkes Bedürfnis zur figürlichen Darstellung der einzelnen Personen im Umgang mit anderen entwickelte. In der Folge beobachtet sie unsere Umgebung und deren Einfluss auf die Haltung. Ihre künstlerische Suche ist auf das komplexe Gefüge der Gesellschaft ausgerichtet. Mit entschiedenen und kräftigen Farben verleiht sie ihren Empfindungen Raum und Form; strukturiert diese in harmonischer Eintracht oder spannenden Kontrasten und spielt bewusst mit dem Potential der Farben und seiner Wahrnehmungseffekte.
Während dem Studium an der Scuola Politecnica di Design in Milano hat sie Nino di Salvatore, Gründer der Universitätsschule und international bekannter Maler, kennengelernt. Der vor drei Jahren verstorbene Maestro hatte einen grossen Einfluss auf ihre künstlerische Entwicklung. Das ursprünglich figurative weicht einer progressiv informalen Abstraktion mit besonderem Augenmerk auf das Problem der Räumlichkeit.
Die Werke von Erika Roth sind Ausdruck der fast unerschöpflichen Energie, Lebendigkeit, Sensibilität und einer gewissen Unruhe, die den Charakter der Künstlerin kennzeichnen.
AUSSTELLUNGEN
Kollektivausstellungen
1996 Enoteca la Stanga Monza/Italien
1999 LOVA-Center Vaduz/FL
2002 Fondazione Patrizio Patelli Locarno
Einzelausstellungen
1998 Galerie Zotti St. Gallen
1998 Freihandbibliothek St. Gallen
1999 ART ACS Zürich
1999 Ottica Reichmuth Locarno
2000 Fachhochschule für Wirtschaft St. Gallen
2000 Osteria Bellavista Manno
2001 Osteria Bellavista Manno
2002 Ottica Reichmuth Locarno
2003 Ersparnisanstalt der St. Gallen
2003 Spazio Ambiente Locarno
2004 RB & Design SA Cadenazzo
2005 Centro AquaMarina Mezzovico
2005 Galerie ARTischocke Hombrechtikon
2005 BIM (Suisse) SA Lugano
2007 Ottica Reichmuth Locarno
2008 Leder Divani Contone
2011 Villa Ginia Minusio
KÜNSTLERISCHE SUCHE
Vielleicht weil sie andere Zeiten durchlebt hat, insbesondere die Annäherung an die Bauhaus-Erfahrung und den lombardischen Naturalismus, hat Erika Roths Malerei ein vorsichtiges Tempo. Sie drängt sich nicht auf, sie schlägt vor; sie jagt keine Programme, sie präsentiert sich transparent. Sie bewahrt sich einen soliden Hintergrund im Informellen, fügt sich aber nicht in dessen organischen Strang ein; ihr Informelles ist ein Informelles durch breite Verwandtschaft, nicht durch strenge Zugehörigkeit.
Aus dem Lebenslauf der Malerin geht hervor, dass sie bereit und in der Lage war, sich über die Malerei hinaus die Techniken und Stile der figurativen Kultur anzueignen. Dies wird durch die beiden Master-Abschlüsse bestätigt, die sie an der hervorragenden Scuola Politecnica di Design erworben hat, die in Mailand von dem großen Intellektuellen und Künstler Nino Di Salvatore gegründet wurde und durch ihn eine Tochter des MAC (Movimento Arte Concreta) ist. Dieser Besuch war für Erika Roth eine grundlegende Erfahrung; aber wozu, in Bezug auf die Malerei? Nicht um zu beschreiben, geschweige denn zu illustrieren. Sondern um Themen zum Ausdruck zu bringen, die ihr am Herzen liegen, die unsere "Übergangsgesellschaft" charakterisieren (von den Gewissheiten der Vergangenheit zur Unsicherheit der Zukunft) und die symbolisch ihre Vision der Moderne verkörpern. In diesem Sinne ist die Malerei von Erika Roth in der Lage, robuste Referenzen im Panorama der figurativen Kunst des letzten Jahrhunderts zu erfassen. Ich führe einige nicht zufällige Beispiele an.
Vom Expressionismus übernimmt sie das Gewicht der Geschichte und ihre Fähigkeit, Perspektiven auf den Kopf zu stellen; die objektive Situation der Dinge mit der immer unterschiedlichen Wahrnehmung, die jeder von uns davon hat, zu verschmelzen. Vom Informalismus die Fähigkeit, die Evidenz zu überwinden, in einer Dimension, die über veristische Elemente hinausgeht. Vom lombardischen Naturalismus (sie hielt sich in Mailand auf), der Idee der Mutter-Mutter-Natur, in der jene Begegnungen und Begegnungen, die später die Seele des Menschen formen, bereits auf einer primordialen Ebene stattfinden. Aus der gesamten zeitgenössischen Kultur, einschließlich der literarischen Kultur, entnimmt sie zwei grundlegende Konzepte: das der Verwandlung, oder besser gesagt der Metamorphose im Sinne Kafkas, und das der Erinnerung.
Die gesamte malerische Produktion von Erika Roth tendiert dazu, über die Figuration hinauszugehen, die gleichsam im Hintergrund steht, aber auf Zehenspitzen wieder auftaucht, insbesondere in den großen Räumen ihrer jüngsten Produktion. Sie taucht vor allem dank eines pastellfarbenen Chromatismus auf, der zwar nach emotionalen, mentalen und psychischen Gesichtspunkten organisiert ist, aber mehr noch nach der Verbindung zur Poesie. Es handelt sich also um eine sehr genaue Syntax, ein reiches und gut gewähltes Vokabular, sowohl was die Zeichen als auch die Farben und die Beziehungen zwischen den Bänden betrifft. Kurzum, es gelingt ihr, den Dingen "Form" zu geben, die, da sie im Inneren liegen, keine physische Gestalt haben. Sogar die malerische Geste ist, wenn nicht gezügelt, so doch kontrolliert innerhalb dieser Organisation, die zugleich rational und emotional ist. Das Gleiche gilt für ihre chromatischen Entwürfe, die sie bis zur Untersuchung der Summe aller Farben in den verschiedenen Schwarztönen geführt haben. Und zwischen den Farben führt Erika Roth eine Reihe von Sujets, von Graphismen, von schriftnahen (wenn auch nicht schriftlichen) Bildzeichen, in denen auch minimale Interpolationen vorkommen, die aber in der Ökonomie der Räumlichkeit des Bildes einen präzisen Wert erhalten. Wo man die Weiten, Tiefen und Gegenwarten der Natur wahrnimmt, aber auch die Organisation der städtischen Räume, die Strukturen des Wohnens, mit dem, was sie auf symbolischer Ebene bedeuten. In seiner raffinierten gestischen Ausdruckskraft, in der Ausbreitung der Materie, in der die Freude an der Malerei zu spüren ist, in den gut abgestimmten Farben, auch in den entscheidenden Entscheidungen, findet man sich in Räumen wieder, die von der Erinnerung durchquert werden, in den Gebieten einer inneren Welt, die mit den Gründen unserer Zeit dialogisiert und manchmal kämpft.
Dalmazio Ambrosioni